SEA / Jan Schweder 3. September 2008

Neuer Browser Chrome – Google überrascht die Welt

Gestern um 21 Uhr war es soweit: Google veröffentlichte seinen eigenen Browser namens Chrome. Die Meldung dazu kam überraschend in den gestrigen Morgenstunden. Laut offiziellen Angaben sei es einem Missgeschick zu verdanken, dass die Öffentlichkeit bereits gestern von dem Projekt erfahren habe. Ein Comic, der früher als beabsichtigt in einem Blog erschien, erzählt auf 39 Seiten die Hintergründe der Browserentwicklung und erklärt die Vorzüge von Chrome. Die „unabsichtliche“ Veröffentlichung könnte jedoch auch Teil einer PR-Maßnahme sein.

Übersichtlich, stabil und schnell

Eine entscheidender Vorteil gegenüber anderen Browsern wird auf den ersten Blick nicht sichtbar: Einzelne Tabs entsprechen einzelnen Prozessen. Somit kann ein abgestürztes Tab nicht mehr den ganzen Browser in die Knie zwingen. Die oft betonte Schnelligkeit des Browsers zeigt sich vor allem bei der Darstellung von aufwendigen Multimedianwendungen, wie z.B. youtube. Hier hat der Neuling gegenüber den alten Hasen wie Firefox, Opera, IE oder Safari die Nase vorn. Chrome verbindet diverse Elemente der alteingesessenen Browser. Tabs können z.B. wie bei Opera zwischen einzelnen Browserfenstern hin und her geschoben werden. Ähnlich wie im Safari, bietet der Google Browser die Möglichkeit im privaten Modus zu surfen, d.h. weder Cookies von Webseiten zu akzeptieren, noch die Site an sich im Verlauf zu speichern. Der Inkognito-Modus wird liebevoll durch ein Männchen mit großem Hut, Mantel und Sonnenbrille illustriert.

Die Omnibox

Die URL-Eingabebox heißt bei Chrome „Omnibox“ und macht ihrem Namen alle Ehre. Sie dient nicht nur zu Eingabe einer Webadresse, sondern auch für Suchbegriffe, mit denen man seinen Surf-Verlauf durchsuchen kann. Bookmarks werden somit überflüssig, da man sich nur noch an bestimmte Schlagwörter erinnern braucht und nicht mehr an die genaue URL. Chrome Screenshot
Googles Browser Chrome ist Opensource, kann daher von jedem weiterentwickelt werden. Momentan gibt es allerdings nur eine Windows-Version, so dass besonders Freunde des OpenSource-Betriebssystems Linux noch nicht in die Entwicklung mit einbeschlossen werden.

Das Design scheint sich farblich an trafficmaxx.de zu orientieren, wie ein Screenshot beweist und was wir natürlich begrüßen.

Nicht nur Browserersatz

Verwunderlich ist, dass Google, die jahrelang den Firefox unterstützten, nun auf einen eigenen Browser setzen. Hier drängt sich die Frage auf, wie lange die „Firefox Start“-Seite noch bei Google gehostet wird.
Google Firefox Start

Auf lange Sicht gesehen, scheint Google jedoch mehr vorzuhaben, als nur das reine Browsergeschäft aufzumischen. Durch immer umfangreichere Webapplikationen, die z.B. auch den Microsoft-Office Produkten das Wasser reichen können, wird sich die Wahl des Betriebssystems eines Rechners in Zukunft vielleicht vereinfachen. Die Abhängigkeit von Windows würde somit sinken. Aber das ist momentan reine Spekulation.

Sicherheitslücken, Abstürze und kleine Macken

In ersten Tests zeigt sich, warum die aktuelle Version noch Beta ist. Chrome hat die lästige Angewohnheit, Java-Archive (.jar) ohne Nachfrage herunterzuladen und im Download-Ordner abzulegen. Zwar muss ein Nutzer immer noch bewusst auf die Datei klicken, um das Programm auszuführen, doch dieses Risiko ist nach heutigem Stand nicht vertretbar. Ebenfalls ist es möglich, entgegen der offiziellen Angaben, den kompletten Browser zum Absturz zu bringen. Ein kleinerer Renderfehler fällt beim Nutzen bestimmer Formulare auf (s. Screenshot). Hier werden Buchstaben nicht korrekt dargestellt. Google wird sicherlich alles dafür tun, diese Bugs in den kommenden Wochen und Monaten zu beheben.

Render-Fehler Chrome


Fazit:

Beim Chrome handelt es sich um einen optisch ansprechenden Browser, der viele nützliche Funktionen kombiniert und für einigen Wirbel in der Szene sorgen dürfte. Da Konkurrenz das Geschäft belebt, dürfen wir auf die Antworten der übrigen Hersteller gespannt sein und profitieren am Ende hoffentlich von neuen, besseren Browsern.
Der Internet Explorer verdankt seine Marktmacht von aktuell etwa 70% hauptsächlich dem Betriebssystem Windows. Der Firefox hat seine Stärke durch die große Community, welche eine Vielzahl von kostenlosen Erweiterungen entwickelt. Was Google hier zu bieten hat, wird sich erst noch zeigen. Nur wegen der Geschwindigkeit und Stabilität dürften sich nur recht wenige Wechselwillige finden. Wenn man einmal einen Blick auf andere Projekte von Google, wie bspw. Google Docs wirft (Googles Online-Antwort auf die Office-Programme), können diese Projekte durchaus im Vergleich im Nischen-Dasein bei der Nutzerschaft verweilen. Aber wer weiß, vielleicht kann Google das zusammen mit Chrome ja ändern.