Allgemein / Jan Schweder 8. Juni 2011

Der Tag der langen, eindeutigen Nummer: Der IPv6-Day

Unlängst wurde bekannt gegeben, dass der Pool an IPv4-Adressen aufgebraucht worden ist. Es können weltweit also keine neuen bzw. freien IP-Adressen im Bereich von 0.0.0.0 und 255.255.255.255 vergeben werden.

Da die meisten User daheim einen Router verwenden, durch den sich sämtliche Geräte nach außen hin eine öffentliche IP-Adresse teilen (Network Adress Translation bzw. NAT), fällt dies im Alltag kaum auf. Internetprovider und andere Betreiber von großen Netzwerken und Internet-Plattformen (wie z.B. Google), die Bedarf an größeren Mengen von Netzwerkadressen haben, stehen damit vor einem immensen Problem.

Jedem seine IP-Adresse …

Bereits im Jahr 1998 wurde mit IPv6 auf dem Standards Track offiziell ein Nachfolger für IPv4 ernannt, der einen wesentlich größeren Adressraum mitbringt. Mit dem neuen Internet-Protokoll stehen dann statt ca. 4,3 Millarden Adressen (bei IPv4) mehr als 340 Sextillionen Adressen  zur Verfügung – das ist eine 34 mit 37 Nullen. Genug Nummern also, um theoretisch für jeden Quadratzentimeter auf der Welt einige Adressen zu vergeben.

So würde zukünftig jeder Toaster, jede Kaffeemaschine und jedes Handy eine weltweit einzigartige (und öffentliche) IP-Adresse haben können und eine Netzwerkübersetzung wird damit hinfällig. Vorteil: Bislang ist es durch die übliche Adressübersetzung schwierig, von außen eine Verbindung zum heimischen Rechner aufzubauen. Dank IPv6 kann man künftig beispielsweise auch ohne viel Aufhebens zu Hause einen Webserver aufstellen, der von rund um den Globus erreichbar ist.

… bis der Arzt kommt

Das Protokoll sieht vor, dass ein Teil der IP-Adresse auf Basis der eindeutigen ID der Netzwerkkarte (die MAC-Adresse) erzeugt wird. Durch die Eindeutigkeit der damit generierten Adresse bleibt ein Surfer (bzw. sein Computer) im Extremfall für immer wiedererkennbar und verbleiben langfristig als Spuren in Server-Logs. Hinsichtlich der Konsequenzen für den Datenschutz sind Browser-Cookies oder herkömmliche, dynamisch vergebene IP-Adressen im Vergleich geradezu lächerlich. Die sogenannten „Privacy Extensions“ sind eine Erweiterung zu IPv6, die für dieses Problem Abhilfe schaffen soll, indem die erzeugte IP-Adresse keinen Rückschluss auf das verwendete Gerät mehr zulässt.

Ausgerechnet mit iOS und Android betriebene Smartphones machten Anfang des Jahres durch fehlende Privacy Extensions von sich reden. Da Mobiltelefone anders als manche Desktop-Rechner ausschließlich von einer einzelnen Person genutzt werden, lässt sich die IP-Adresse damit eindeutig auf diese zurückführen – Ein SuperGAU für die Privatsphäre. Während Apple mit iOS-Version 4.3 Abhilfe schaffte, steht ein Update für Android noch aus.

Auch wenn die Internetprovider es durch IPv6 zukünftig technisch nicht mehr nötig haben werden, IP-Adressen mit begrenzter Lebensdauer dynamisch zu vergeben, dürfte uns dies vielleicht zur Vermeidung der Wiedererkennbarkeit als willkommenes Feature erhalten bleiben. Das hierzulande von Datenschützern häufig angemahnte Nicht-Speichern von IP-Adressen in Server-Logs gewinnt durch IPv6 in jedem Fall an Brisanz.

IPv6 wird kommen

Nichtsdestotrotz ist die Umstellung des Internet Protokolls auf Version 6 unumgänglich. So wird gemutmaßt, dass eine weitläufige Umstellung des Internets auf IPv6 zum Ende des Jahres stattfinden wird – Nach 13 Jahren Vorlauf. Für den heutigen Tag haben viele große Internet-Unternehmen wie z.B. Google, Facebook etc. weitreichende Testläufe angekündigt, denn heute ist der sogenannte IPv6-Day.

Was die Umstellung auf IPv6 für die Suchmaschinenoptimierung bedeutet, lässt sich zu diesem Zeitpunkt nur schwer sagen. So wird zukünftig das Thema IP-Popularität etwas anders behandelt werden. Da Webseiten ohne DNS undenkbar wären, sehen wir hier keine großen Probleme auf uns zukommen. Wie die Auswirkungen im Bereich des Web-Controlling ausfallen, wird sich erst zeigen wenn IPv6 auch im Consumer-Bereich angekommen ist.

Wir sind also gespannt auf das neue Internet. Happy IPv6-Day.